8 Fragen an Sandra Brökel

1. Hast du einen festen „Schreibplatz“ und wenn ja, wie sieht der aus?
Sehr komfortabel mit bester Bewirtung und Pianomusik, selbstverständlich live gespielt. Leider ist mein Schreibplatz in Coronazeiten unerreichbar: Das Café Slavia in Prag. Dort habe ich beide Bücher geschrieben, weil die Atmosphäre dieses altehrwürdigen Künstler- und Literatencafés mich in diese einzigartige Welt entführt, in der ich schreiben konnte. Zu Hause funktioniert das bei mir nicht. Ich brauche dieses Kaffeehausflair.

2. Welches Buch hat dich (in letzter Zeit) besonders berührt/fasziniert?
Noch alle Zeit von Alexander Häusser. Das antworte ich NICHT, weil es im Pendragon Verlag erschien, sondern weil es außerordentlich dicht, tiefgründig und einfach fesselnd geschrieben wurde. Bisweilen ein faszinierendes Jonglieren mit Sprache, dass das Lesen für mich zum Genuss machte. Danke Alexander für diese berührende Reise nach Norwegen!

3. Hast du dir im Nachhinein schon mal gewünscht, dass du in einem deiner Bücher etwas anders gemacht hättest?

Ja, diese doofen Tippfehler, die einem erst im gedruckten Exemplar ins Auge springen … ;-)))

4. Planst du viel voraus oder schreibst du (auch mal) einfach drauf los?
Definitiv das zweite! Ich brauche den Schreibfluss, um wirklich in die Geschichte eintauchen zu können. Nur dann kann ich sie leben, um sie zu schreiben. Das Lektorat biegt es schon wieder gerade, wenn aus dem Bauch heraus logische Fehler entstehen oder sich eine Reihenfolge als unsinnig entpuppt.

5. Wie alt warst du, als du angefangen hast zu schreiben und was war das?
Da war ich 15 Jahre alt, meine erwachsene Cousine schrieb gelegentlich für die Lokalzeitung und hatte einen Termin, aber keine Zeit. Sie fragte, ob ich Lust habe, dorthin zu fahren und ein Foto für sie zu knipsen. Ich tat das gerne und anschließend meinte sie, jetzt solle ich einen Text über den Termin schreiben. Daran hatte ich wirklich Freude!
Herrlich, wie das damals in den 1980er Jahren ging: Ich spannte ein Formblatt der Redaktion in eine Schreibmaschine und hämmerte die Buchstaben zu Papier. Meine Cousine nahm mich zur Belohnung mit in die Redaktion, wo die Negativstreifen und das Formblatt mit dem Text abgegeben wurden. Die damalige Chefredakteurin war für mich der Inbegriff einer Journalistin. Dem Klischee entsprechend saß sie am überfüllten Schreibtisch: Nickelbrille, etwas wirres graues Haar auf klugem Kopf, Kippe im Mundwinkel, hagere Gestalt. „Wie alt bist du?“, sie kniff ein Auge zu, um mich zu mustern und weil der Rauch hinter ihre Brillengläser zog. „15.“ 
Dann aschte sie in den runden braunen Glasaschenbecher, überflog noch einmal meinen Text und sagte: „Hm, da müssen wir etwas tricksen. Wir nehmen Freie erst ab 16. Aber du schreibst gut. Kannst anfangen, wenn du willst …“
So kam ich zu einem sehr lukrativen Nebenjob, parallel zur gymnasialen Oberstufe und lernte mit jedem Artikel dazu. Die gesamte Redaktion hat mich unterstützt und der Funken der Begeisterung fürs Schreiben sprang über. Als ich später mit einem Motorroller zu Presseterminen rauschte, hatte ich den Spitznamen „Karla Kolumna“ weg. Nach vielen Jahren Zeitungsarbeit entdeckte ich die Kraft des geschriebenen Wortes auf die menschliche Seele, kündigte meine Arbeitsstellen und wurde Schreibtherapeutin. Seitdem nutze ich das geschriebene Wort in der Psychotherapie.

6. Du bist auf einer einsamen Insel gestrandet. Nur einer deiner Charaktere ist dabei. Welchen hättest du gerne an deiner Seite und warum?

Pavel. Wir hätten uns viel zu erzählen und ich würde ihn gerne fragen, ob ihm bewusst ist, dass er als Psychiater selbst aktive Schreibtherapie am Ende seines Lebens betrieben hat. Und natürlich würde ich gerne mit ihm über seine Forschungen zu Heimkindern sprechen und seine Erkenntnisse mit meinem Innenleben abgleichen. Ich bin mir sicher, wir hätten eine Menge Spaß und alles andere als Langeweile. Er war ein kluger, tiefgründiger und humorvoller Mensch. Außerdem fuhr er nie ohne seinen Hund. Nähme ich also Pavel mit auf eine einsame Insel, wäre auch mindestens ein Hund dabei, was mir gut täte!

7. Wie kommst du auf die Themen deiner Bücher?
(lacht): Ich bin doch die, die eigentlich nie ein Buch schreiben wollte! Wieso es „Das hungrige Krokodil“ gibt, steht in „Pavel und Ich“. Kurzum: Auf meinem Lebensweg haben mich die Themen gefunden.

8. Tipps für Wunsch-Autor*innen, wie man beim Schreiben am Ball bleibt und nicht aufgibt?
Ich habe mal ein Zitat gelesen: „Glück ist wie Pupsen. Wenn man es erzwingt, wird´s scheiße.“ So vulgär diese Worte klingen, so wahr sind sie! Wer ein Buch schreiben will, sollte es einfach machen. Mit einhundert Prozent Herz und Seele, also rauslassen, was drin ist. Erzwingen geht nicht, das spürt ein Leser. Wenn der Zeitpunkt stimmt (nennt man das vielleicht Glück?) und Herz und Seele es wirklich wollen, dann fließt die Geschichte und wird gut.
Außerdem wird der Verlag helfen, aus einem guten Manuskript ein noch besseres Buch zu machen. Das sind die Worte meines Verlegers Günther Butkus, ich stimme ihm da uneingeschränkt zu. Eines habe ich gelernt: Es erfordert etwas Glück in Bezug auf Zeitpunkt und Thema. Manchmal trifft ein Thema den Nerv der Zeit, manchmal (noch) nicht. Darüber hinaus braucht es Mut und harte Arbeit. Wer die beides aufbringen kann, wird belohnt.

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