Ein Praktikum im Pendragon Verlag

Ich studiere Germanistik an der Uni Bielefeld – fachwissenschaftlich. „Und was machst du dann damit?“ Diese Frage kennen die meisten Geisteswissenschaftler wohl zur Genüge. Ja, was mache ich damit? Bisher war meine Antwort auf diese Frage immer: Lektorin werden. Und das, obwohl ich bisher kein einziges Praktikum in diesem Bereich absolviert habe. Bis heute. Aber Dank des Pendragon Verlags kann ich jetzt genauer sagen, was den Beruf eines Lektors ausmacht und, für mich persönlich noch wichtiger, ob ich mir vorstellen kann, in diesem Beruf zu arbeiten.

Bevor ich mein Praktikum angetreten habe beschlichen mich Zweifel, ob ein so kleiner Verlag das Richtige für ein Praktikum ist, die vor allem durch einen Dozenten genährt wurden, der mir eher größere Verlage ans Herz legte. Doch zum Glück kann ich sagen: alles richtig gemacht. Die sechs Mitarbeiter des Verlags haben mich sofort unglaublich herzlich aufgenommen und mir von Anfang an das Gefühl gegeben, meine Meinung zu wertschätzen. Außerdem wurde sich für meine Frage stets Zeit genommen, sodass ich auch über meine eigenen Aufgaben hinaus Vieles über Verlagsarbeit und den Pendragon Verlag im Speziellen erfahren konnte. Der harmonische Umgang untereinander, die enge Zusammenarbeit und die gemeinsame Leidenschaft für Bücher merkt man den Mitarbeitern des Verlags sofort an, was sich auch in ihren Büchern widerspiegelt. Das ist einer der Gründe, warum die Literatur im Pendragon Verlag empfehlenswert ist – weil es nicht darum geht Massenware zu produzieren, sondern gute, lesenswerte Literatur zu schaffen.

Meine Hauptaufgabe während der Arbeit im Verlag bestand als Praktikum im Bereich des Lektorats natürlich aus dem Lektorieren der Bücher, wobei ich auf Rechtschreibung, Formulierungen, logische Brüche, etc. achten sollte. Abgesehen vom Bearbeiten der Texte durfte ich dann aber ebenfalls Vorschläge zur Titelwahl einzelner Bücher machen, Klappentexte schreiben und auch bei der Pressearbeit mithelfen, mir Facebook-Einträge ausdenken und den E-Mail Verteiler pflegen. Und genau das ist es, was ein Praktikum in einem so kleinen Verlag wie dem Pendragon lohnenswert macht: dass man eben nicht nur in einen einzigen Bereich hineinschauen darf, sondern einen größeren Überblick von der Arbeit eines Verlags erhält, weil die einzelnen Teilbereiche viel stärker verzahnt sind als in den meisten größeren Verlagen. So werden bei der Wahl eines Klappentexts z.B. alle Verlagsmitarbeiter herangezogen, um von den verschiedenen Fassungen gemeinsam den besten Text auszuwählen, genauso bei der Wahl des Covers. Dabei ist sich Günther als Gründer des Verlags nicht zu schade, selbst beim Verschicken der Briefe und Verpacken von Leseexemplaren mit anzupacken. Die verbreitete Angst also, Praktikanten würden für das Kaffeekochen oder andere ungeliebte Aufgaben ausgenutzt, kann ich für den Pendragon Verlag nur verneinen.

Was die Idee der Arbeit als Lektorin für mich immer besonders reizvoll gemacht hat, war die Teilnahme an der Entstehung von Büchern. Bücher sind etwas Großartiges, weil sie den Leser in eine andere Welt entführen können, die reale Welt vergessen lassen. Wenn die Buchstaben vor dem inneren Auge verschwimmen, sich zu Personen formieren, das Weiterblättern der Seiten nur noch eine nicht mehr wahrnehmbare Geste wird und plötzlich Bilder im Kopf entstehen, die etwas Traumartiges haben – diese Lese-Erlebnisse finde ich magisch. Die pure Selbstvergessenheit, wenn man sich erst Seiten später wieder darüber bewusst wird, dass man gerade liest und sich nicht wirklich in dieser anderen Welt befindet: das ist Literatur. Und diese Erlebnisse anderen Menschen durch die Arbeit in einem Verlag zugänglich zu machen und so ein Stück Kultur weiterzugeben ist selbst als Praktikantin schon ein tolles Gefühl. Auch wenn man bei der Arbeit als Lektorin auf die Sprache achten muss, auf die logische Kohärenz und den Ausdruck, so hat sich bei mir doch immer wieder dieses Gefühl des völligen Eintauchens in die Geschichte eingestellt, in der ich über Spensers Sprüche lachen, mit Anelija in Bulgarien mitgelitten, mit Mattea mitgefiebert und mich mit Tolonen über seinen Kollegen Kreissberg geärgert habe. Außerdem habe ich während meines Studiums schon lange nicht mehr die Zeit gefunden, Bücher so intensiv und in so kurzer Zeit durchzulesen und das allein hat mir schon sehr viel Spaß gemacht und mich auf eine gewisse Art auch wieder neu an das Lesen heran geführt. Im Gegensatz zu der allgemeinen Annahme, man hätte als Lektorin in der Freizeit sicherlich keine Lust mehr zu lesen, kann ich das in meiner Zeit beim Pendragon Verlag nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil hat mich das intensive Lesen während der Arbeitszeit eher noch dazu motiviert, auch in meiner Freizeit wieder häufiger zu einem guten Buch zu greifen, da ich zeitweise vergessen hatte, wie unglaublich spannend und entspannend es sein kann, ein Buch zu lesen (das nicht durch die wahllos wirkende Einstreuung großspuriger Fachbegriffe zu überzeugen versucht, wie das leider in vielen Uni-Texten der Fall ist). Auch wenn ich im Laufe des Praktikums gemerkt habe, dass der Beruf der Lektorin nicht so sehr meinen Neigungen entspricht, wie ich zunächst gehofft habe, da ich in meinem späteren Beruf mehr selbst schreiben möchte, kann ich allen Germanistikstudenten und Literaturwissenschaftlern nur ein Praktikum im Pendragon Verlag empfehlen. Da ich aber auch Presse-Aufgaben übernehmen durfte und diese sehr interessant fand, werde ich mich demnächst mehr in diese Richtung umschauen. Denn: probieren geht über studieren. Wortwörtlich quasi. Schließlich stehen einem mit einem Germanistik-Studium unglaublich viele Türen offen, was manchmal etwas beängstigend sein kann, aber im Grunde ja den Reiz eines solchen Studiums ausmacht. „Die Welt ist bunt“, hat Lektorin Eike mir zum Abschied gesagt. Ja, das ist sie. Für meinen Weg der Berufsfindung kann ich nur sagen, dass das Praktikum im Pendragon Verlag mich in vielerlei Hinsicht weiter gebracht hat und ich tolle Menschen und tolle Bücher kennen lernen durfte, die ich allesamt nur weiter empfehlen kann. Die Herzlichkeit, Offenheit, die Wertschätzung und das Maß an Eigenverantwortung, das mir entgegengebracht wurde, hat meine Erwartungen auf jeden Fall übertroffen. Und das schreibe ich nicht, weil mir hier jemand etwas in die Feder diktiert, sondern weil die Menschen in diesem Verlag wirklich unglaublich nett und offen sind und den Praktikanten so gut mit in die Arbeit einbeziehen, dass ich nach diesen 7 Wochen auf jeden Fall einiges für mich persönlich mitgenommen habe. Daher möchte ich für die tollen Erfahrungen noch einmal sagen: danke Pendragon Verlag!

Nadine Henke
Nadine Henke

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